Unsere Gemeinschaft

Gelübde

Bruder Faustinus Maria legt in die Hände des damaligen Generaloberen Bruder Peter seine Gelübde ab

Ein wesentlicher Bestandteil unserer spirituellen Lebenskultur sind die drei evangelischen Räte: Gehorsam, Armut und ehelose Keuschheit. Man kann sie verschieden deuten. Wir verstehen sie als drei Grundvollzüge des menschlichen Lebens - als Annehmen, Loslassen und Zulassen.

Armut

Armut heißt Loslassen. Ich lasse Besitz los und hänge mich nicht dran. Es ist natürlich wichtig und notwendig, Geld zu verdienen, einen Beruf zu haben, sich seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Auch wir Brüder haben Einkünfte, Renten usw. Im Gelübde der Armut entscheiden wir uns jedoch dafür, nicht von Geld und Besitz abhängig zu sein. Zugleich ist das Armutsgelübde auch ein Ausdruck unserer Solidarität mit allen, die in wirklicher Armut leben müssen. So wie Jesus selbst arm war und nichts hatte, das er sein Eigen nannte, versuchen wir, einen einfachen Lebensstil zu haben und das, was wir besitzen, miteinander und mit anderen zu teilen - nicht nur Geld, sondern auch unsere Zeit, unsere Talente unser Dasein.

Ehelose Keuschheit

Ehelose Keuschheit heißt Zulassen der Liebe Gottes. Sie ist nicht in erster Linie vom Verzicht geprägt, sondern von einer anderen Kultur, miteinander umzugehen. Ich lasse Nähe zu, ohne erobern und besitzen zu wollen. Sie kann aber nur dann gelingen, wenn der ehelos lebende Mensch gute menschliche Beziehungen und Freundschaften hat, in denen er sein darf, wie er ist, und in denen er ungeschützt über sich selbst reden kann. Wenn er eine herzliche und offene Beziehung zu Gott hat, bei Gott daheim ist, und die Beziehungen zu Menschen nicht mit Übererwartungen überfordert. Wenn er Lust an seiner Arbeit hat und kreativ sein kann. Und, letztendlich, wenn er eine gesunde Kultur seines täglichen Lebens hat.

Gehorsam

Gehorsam heißt mich selbst so anzunehmen wie ich bin, die Welt so anzunehmen und die Gemeinschaft so anzunehmen, wie sie ist. Gehorsam kommt von Hören. Ich höre auf den anderen. Ich höre auf Gottes Stimme in der Stille, in meinem Herzen. Und ich rechne damit, dass Gottes Stimme mir auch im Oberen entgegen kommt. Ich identifiziere die Stimme des Oberen nicht mit der Stimme Gottes. Aber Gehorsam heißt, dass ich im Hören auf Gottes Stimme in meinem Herzen und in den Stimmen anderer Menschen die Verantwortung für mein Leben übernehme.

Unser heutiges Verständnis der drei Evangelischen Räte - Armut, ehelose Keuschheit und Gehorsam - sieht die Gelübde als Schlüssel für ein gelingendes Leben. Sie wollen nicht nur gehalten werden, sondern uns Halt geben und uns in der lebenslangen Freundschaft mit Jesus Christus halten. Auch geht es um die Kultivierung menschlicher Basiswünsche nach Ansehen, Besitz und Macht. Da sie alle die Tendenz zur Maßlosigkeit haben, brauchen sie eine gewisse Ausrichtung und eine bewusste Ausgestaltung. 

Gerade in der heutigen Zeit, in der so sehr der Drang zur Maßlosigkeit herrscht auf allen Gebieten, sind sie eine Wegbeschreibung, die für unser Ordensleben hilfreich und bezeichnend ist, weil sie uns in die Verantwortung für die Schöpfung und die Gesellschaft stellt. 

Solidarisches Teilen (Armut), aufeinander und auf den Willen Gottes zu hören (Gehorsam) und der ehrfurchtsvolle, liebevolle Umgang miteinander (ehelose Keuschheit) sind somit unverzichtbare Werte, die unsere Welt gerade heute so sehr braucht.